Rollenspiel Blumen gießen Frau Piefke schreibt

Was haben Blumengießen & Wölfe mit den Entwicklungsschritten von Kindern zu tun?

Neulich Abend. Ein warmer Spätsommertag neigt sich dem Ende. Das Planschbecken wurde eifrig bespielt, ein bisschen Wasser ist aber sogar noch drin geblieben.
Bevor wir gleich zum Abendessen rein gehen, möchte ich mit dem vorgewärmten Wasser die Blumen gießen. Rosen, Hortensien und Co freuen sich über das lauwarme Nass – ich freue mich, dass das Wasser auf diese Weise noch einen weiteren Verwendungszweck erhält.
Mit einem Eimer schöpfe ich Wasser in die große Gießkanne. Motte beobachtet mich eine Weile bei meinem Tun. Dann geht sie auf die Suche nach ihrer kleinen, grünen Gießkanne. Sie schöpft ebenfalls Wasser aus dem Becken und verteilt es im Blumenbeet.
Sie geht erneut auf die Suche. Sichtlich zufrieden kommt sie mit einem kleinen Becher aus der Sandkiste zurück.

Damit füllt sie nun das Wasser vom Planschbecken in die Gießkanne, um es dann wieder in den Becher zurückzugießen und es ihrer Schwester, die auf dem Rasen liegt, zu trinken anzubieten. (Weiterentwicklung des Spiels)

Ich schreite an dieser Stelle ein. Das Badewasser, das den ganzen Tag in der Sonne stand, möge das Baby bitte nicht zu trinken bekommen. „Aber das ist doch unsere Kuh auf der Wiese! Und die hat Durst.“, erklärt sie mir ihr Tun. Nun, kreativ gespielt, muss ich zu geben. Sie davon abbringen möchte ich dennoch. Das Argument, dass Mine von dem Wasser Bauchschmerzen bekommen kann, wird dann eingesehen. Wie leicht es doch das Miteinander macht, wenn die Kinder eine Begründung nachvollziehen können und den Sinn hinter unseren Regeln erkennen. Dann ist Kooperation möglich – was gefühlt in einem von zehn Fällen klappt. Also – den Moment genießen!

Rollenspiel Blumen gießen Frau Piefke schreibt

Motte ist ebenso kreativ im Entwickeln von neuen Spielideen wie im Finden von Lösungen. Also füttert sie im Blumenbeet nun die imaginäre Wolfsfamilie, die dort scheinbar wohnt. Und dazu muss man wohl mindestens einhundertmal Nachschub holen! Denn Leila und ihre Kinder scheinen sehr durstig zu sein. Mit viel Ausdauer läuft die Tochter zwischen Planschbecken und Beet hin und her und füllt jedes Mal ihren kleinen Becher voll.
In diesen Wiederholungen findet sie nicht nur Vergnügen – auch ist der buchstäbliche Weg hier ihr Ziel. Es ist nicht wichtig, in einer erwachsenen Denkweise optimiert das Wasser zu verteilen. Die Frage, die ich mir am Anfang stellte: »Wie bekomme ich nun möglichst viel Wasser in eine Gießkanne, so dass ich nicht allzu oft zum Nachfüllen laufe?«, interessiert Motte nicht mal am Rande. Die Bewegung, das Laufen, das Erzählen, das Schöpfen des neuen Wassers – all das ist Teil ihres Spiels.
Aus kindlicher Perspektive kann nahezu jede Alltagshandlung – so lästig sie uns auch manchmal erscheinen mag – in ein Spiel eingebettet werden. Und das ist eine wunderbare Sicht auf unser Tun, von der ich mich allzu gerne anstecken lasse.

Wie bedeutsam das Spielen ist und was für essentielle Entwicklungsschritte bzw. Lernfelder das Kind ganz aus sich selbst heraus und ohne meine förderliche Anregung tut, konnte ich in Mottes kleiner Spielsequenz beobachten und möchte dies mit euch teilen:

Folgende wertvolle Entwicklungsschritte können wir bei Kindern in ihrem Tun oder Spiel häufig beobachten:

•    Wiederholungen

Eine neue Fähigkeit wird x-mal wiederholt, mit Spielmaterialien wieder und wieder dasselbe ausprobiert. Das ist nicht langweilig oder gar unkreativ, vielmehr »perfektionieren« und verfestigen die Kinder ihre neue Kompetenz. Sie wird so oft wiederholt, bis die Handlung abgespeichert ist oder ein neues Material bis aufs Kleinste erforscht wurde. Und praktischerweise – kurz bevor Langeweile aufkommt -, gehen Kinder meist ganz von selbst zum nächsten Schritt über:

    Weiterentwicklung des Spiels und Veränderung

Sobald sich das Kind seiner neuen Fähigkeit sicher ist, kann es sich eine neue Herausforderung suchen. Oft kann man beobachten, wie das gerade frisch erworbene Wissen und Können als Basis für neues Spiel genutzt. Die nächste Schwierigkeitsstufe kann kommen oder ein neu entdecktes Material wird noch einmal anders ausprobiert – zu einem neuen Zweck verwendet oder mit anderen Spielmaterialien kombiniert.

Ein Spiel weiterzuentwickeln bedeutet auch: Spielerisch Lösungen finden. Eine Fähigkeit, die im Erwachsenenalltag häufig von großem Nutzen sein wird. Stoße ich zum Beispiel an Grenzen und darf das Baby nicht mit Wasser füttern, brauche ich nicht aufhören zu spielen. Ich kann mir eine neue Geschichte ausdenken und so meine schöne Idee,  jemandem mit einem Getränk zu versorgen, umsetzen. Dann sitzen im Beet eben durstige kleine Wölfe!

•  Kreativität und Phantasie

Es gibt kaum eine Beschäftigung, bei der Kinder nicht kreativ und phantasievoll sein können und dürfen. Sicherlich in unterschiedlicher Ausprägung – aber zu überlegen, was ich spielen möchte, wie und wo ich mich ausprobieren möchte, immer ist die Phantasie dabei.  Neue Spielideen entstehen und können jederzeit beliebig verändert und weiterentwickelt werden. Diese Freiheit und dieser Raum ist für viele Kinder ein wichtiger Ausgleich zum manchmal sehr strukturierten Tag.

•    Motorische und physikalische Lernaufgaben

Hier in Mottes Beispiel macht sie zahlreich Erfahrungen durch das Schöpfen und Umschütten des Wassers. Sie experimentiert mit Flüssigkeit, sie erfährt, wie sie den Becher am besten hält, damit möglichst wenig daneben geht. Diese Erfahrungen kann sie in ihrem eigenen Tempo machen.

Manchmal denke ich, es ist in der Begleitung von Kindern genug – oder viel mehr genau das Richtige -, wenn wir ihnen genügend Raum lassen und Materialien bereit stellen. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass sich dann jedes Kind in seinem ganz persönlichen Tempo ausprobiert.

Wobei probieren sich eure Kinder gerade am Liebsten aus? Ich bin gespannt, von euch zu hören!

     Eure Katja

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[…] sind und somit zum freien, kreativen Spiel einladen. Durch die Veränderbarkeit können Kinder ihre Spielideen weiterentwickeln und ihrer Phantasie freien Lauf lassen, indem die unterschiedlichen Gebäude und das Zubehör […]