3 Sätze die Kinder nicht hören sollten 2 Frau Piefke schreibt

3 Sätze, die unsere Kinder nicht hören sollten

Ich spre­che viel mit mei­nen Kin­dern. Von mor­gens bis abends — ohne Pau­se, ver­steht sich, wie es mir an man­chen Tagen vor­kommt. Aber mit­ein­an­der zu reden ist mir wich­tig. Denn Spra­che bedeu­tet für mich mehr, als sich nur aus­zu­tau­schen. Wenn wir mit­ein­an­der spre­chen, sind wir im Kon­takt, gehen in Bezie­hung zuein­an­der. Wir ver­su­chen zu ver­ste­hen, was der ande­re uns sagen möch­te. Und das ist bei einer Ein­jäh­ri­gen manch­mal mit viel Fan­ta­sie verbunden!

Was es uns leich­ter macht — wir kom­mu­ni­zie­ren immer auf meh­re­ren Kanä­len oder Ebe­nen mit­ein­an­der. Auf einer Sach­ebe­ne bei­spiels­wei­se, wenn es dar­um geht, eine Infor­ma­ti­on los­zu­wer­den: »Guck mal, Mama! Was ich gemalt habe!«. Hin­ter einer Auf­for­de­rung wie die­ser steckt nicht nur die Infor­ma­ti­on, »Ich habe etwas gemalt!«. Es gibt auch immer eine Bezie­hungs­ebe­ne im Aus­tausch — im gespro­che­nen Wort und auch in dem, was unaus­ge­spro­chen bleibt. Was wir non­ver­bal »mit­schi­cken«, ist sogar ins­be­son­de­re für Kin­der viel schnel­ler wahr­nehm­bar, als das, was wir mit Wor­ten for­mu­lie­ren. Wenn mei­ne Toch­ter mir bei­spiels­wei­se zeigt, was sie gera­de gezeich­net hat, dann höre ich auch einen gewis­sen Stolz und eine Zufrie­den­heit über ihr Tun her­aus. Gleich­zei­tig bit­tet sie mich unter­schwel­lig, ihr Kunst­werk zu bestau­nen und mich mit ihr dar­an zu freuen.

Wir sind also stets mit unse­ren Kin­dern im Aus­tausch. Und selbst wenn wir mal nicht reden — so ist da immer noch ganz viel Kom­mu­ni­ka­ti­on. Mit Bli­cken, Ges­ten und unse­rer Kör­per­hal­tung signa­li­sie­ren wir für unse­re Kin­der oft­mals sogar viel ein­deu­ti­ger, was wir gera­de möch­ten oder was wir für nicht so gut befin­den, als wir es mit vie­len Wor­ten könnten.

Umso mehr mer­ke ich, dass die Art und Wei­se, wie wir mit unse­ren Kin­dern spre­chen, Auf­merk­sam­keit ver­dient. Denn wenn der Tag lang ist, kommt mir auch mal so man­cher Satz über die Lip­pen, den ich — in Ruhe betrach­tet — lie­ber nicht zu mei­nem Kind sagen möch­te. Weil Wor­te Wahr­hei­ten schaf­fen. Weil unse­re Wor­te und vor allem die Bot­schaft dahin­ter gro­ßen Ein­fluss auf unse­re Kin­der haben, oft lan­ge nach­wir­ken und sie prägen.
Ich ver­su­che dar­um, acht­sam mei­ne Wor­te und die dahin­ter ste­hen­de Bot­schaft zu wäh­len. Und so habe ich mich ganz bewusst ent­schie­den, die fol­gen­den drei Sät­ze bzw. Bot­schaf­ten nicht mehr zu mei­nen Kin­dern zu sagen.

Inhalts­ver­zeich­nis

Diese 3 Sätze sollten unsere Kinder nicht hören

 

1. »Fall nicht runter!«

Alter­na­tiv könn­te man hier ein »Sei vor­sich­tig!« oder auch ein »Lauf nicht so schnell!« ein­fü­gen. Das ken­nen wir alle.

Was ist unsere gute Absicht?

Aber was steht hin­ter die­sen War­nun­gen? Das kann ich als Mama sehr leicht beant­wor­ten: Der gro­ße Wunsch, dass unse­re Kin­der unver­sehrt blei­ben! Wir wol­len sie beschüt­zen — so, wie wir sie als Baby stets und immer vor Gefah­ren behü­tet haben. Das sagt das Mama-Herz. Die Stim­me der Bewe­gunsgpäd­ago­gin in mir sagt: Kin­der haben ein recht auf (selbst­ver­ur­sach­te) blaue Fle­cke! Und es stimmt tat­säch­lich — ich habe es schon so oft bei Kin­dern, die ich beglei­ten durf­te, beob­ach­tet: Wenn wir ihnen die Kom­pe­tenz geben, ihren Kör­per selbst ein­zu­schät­zen, dann trau­en sie sich das zu.
Mei­ne Beob­ach­tung ist, dass Kin­der, die sich aus­pro­bie­ren dür­fen, sehr genau abschät­zen, wie hoch sie wo klet­tern und ab wann sie von sich aus um eine hel­fen­de Hand bit­ten. Sie kön­nen ein­schät­zen, auf wel­chem Unter­grund man wie schnell mit wel­chen Schu­hen lau­fen kann. Natür­lich geht das anfangs mit klei­nen oder auch mal grö­ße­ren Bles­su­ren ein­her. Gren­zen müs­sen erfah­ren und dür­fen aus­ge­tes­tet wer­den. Aber um so schnel­ler kom­men die »gelas­se­nen« Kin­der sehr viel unfall­frei­er durchs Leben.
Kin­der, die wir nicht durch gut gemein­te Rat­schlä­ge ablen­ken, fal­len viel sel­te­ner. Denn das ist, was lei­der durch unse­re War­nun­gen pas­siert: Erst­mal ist das Kind abge­lenkt, in sei­nem Kopf spielt sich die Sze­ne »ich fal­le« ab und es kann sich weni­ger gut auf sei­ne eigent­li­che — ich nen­ne es mal — Auf­ga­be kon­zen­trie­ren. An die­ser Stel­le wird das Gehirn in sei­ner Wahr­neh­mung durch eine selbst­er­fül­len­de Pro­phe­zei­ung beeinflusst.

Wie können wir es anders versuchen?

Das kön­nen wir uns eben­so gut zu Nut­ze machen! Wenn wir also auf dem Spiel­platz ste­hend noch ein­mal durch­ge­at­met (viel­leicht auch mal kurz weg­ge­se­hen 🙂 ) haben und immer noch das Gefühl haben, unser Kind könn­te etwas acht­sa­mer sein, sind Sät­ze wie: »Halt Dich gut fest!« oder »Sieh hin, wo Du läufst/kletterst/etc« eine gute Alter­na­ti­ve. Anstatt das Kind mit einem bedroh­li­chen Sze­na­rio zusätz­lich abzu­len­ken, len­ken wir so die Auf­merk­sam­keit unse­res Kin­des wie­der auf sein Tun!

2.  »Das magst Du nicht!«

Für ein Bull­shit-Bin­go zum The­ma Essen wür­den Kin­der mög­li­cher­wei­se hier auch nen­nen: „Iss doch noch ein biss­chen!“, „Aber das magst Du ger­ne.“ oder auch „Du hast doch jetzt noch kei­nen Hun­ger!“. Alles schon gehört und vie­les auch schon sel­ber gesagt.

Was ist unsere gute Absicht?

Essen ist ein stets prä­sen­tes The­ma. Wir alle essen, ganz natür­lich. Spä­tes­tens, wenn wir hung­rig wer­den, denn unser Kör­per braucht Nah­rung. Essen und Kin­der kom­bi­niert wird plötz­lich ein häu­fig kom­pli­zier­tes The­ma. Wir Eltern wer­den aus vie­len Rich­tun­gen mit DEN Emp­feh­lun­gen ver­un­si­chert. Eige­ne Eltern, Freun­de, Ver­wand­te, Rat­ge­ber, Inter­net, oder auch völ­lig Frem­de — alle haben eine Mei­nung zum The­ma „Essen“ — und lei­der oft einen allei­nig selig­ma­chen­den Wahr­heits­an­spruch. Zudem kön­nen uns vie­le Sor­gen umtrei­ben. Man­che davon rei­chen noch zurück bis in die ers­ten Lebens­wo­chen mit unse­rem Neu­ge­bo­re­nen. Vor allem, wenn der Start ins Leben etwas hol­pe­rig war. Hin­ter unse­ren wohl­mei­nen­den Aus­sa­gen steht also z.B. die Sor­ge, mein Kind könn­te nicht satt wer­den. Oder viel­leicht isst es zu viel?! Isst es das Rich­ti­ge? Es soll ja gesund sein! Das alles zusam­men genom­men kann ver­un­si­chern und uns in unse­rer Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Kin­dern beein­flus­sen. Und so kann es pas­sie­ren, dass wir über das Ess­ver­hal­ten unse­res Kin­des bestim­men und dadurch sein wah­res Bedürf­nis übergehen.

Wie können wir es anders versuchen?

Ich den­ke, gera­de beim The­ma Essen ist mehr Ent­span­nung immer bes­ser! Wir fah­ren gut damit, wie­der dem Kind die Kom­pe­tenz in die­sem Bereich zu zu gestehen.
Dazu sind zwei Rah­men­be­din­gun­gen ganz hilf­reich. Zum einen sind wir Eltern wich­tig, denn wir kön­nen gesun­des Ess­ver­hal­ten vor­le­ben! Kin­der ler­nen viel mehr von dem, was sie sehen, als von dem, was wir ihnen erzäh­len. Das kön­nen wir nut­zen! Essen wir nach Bedarf und eine Viel­falt an — haupt­säch­lich 😉 — gesun­den Lebens­mit­teln, sind wir unse­ren Kin­dern ein gutes Modell.
Zum ande­ren kön­nen wir unter­schied­li­che, über­wie­gend gesun­de und anspre­chen­de Lebens­mit­tel anbieten.

Mei­ner Erfah­rung nach ist unser Eltern­part bei der Nah­rungs­auf­nah­me damit fast getan. Fast, natür­lich nur 😉

Wir kön­nen unse­rem Kind zutrau­en, dass es sei­nen Kör­per am bes­ten kennt — bes­ser als wir! Es wird wis­sen, wann es hung­rig ist und wie viel es wovon essen mag.* Das Ver­trau­en in das — buch­stäb­li­che — Bauch­ge­fühl kön­nen wir gera­de bei unse­ren klei­nen Kin­dern erhal­ten und stär­ken! Mit Fra­gen kön­nen wir das „Hin­ein­hö­ren“ unter­stüt­zen. „Frag mal Dei­nen Bauch — hat er jetzt Hun­ger?“ „Möch­test Du noch mehr essen? Ist in Dei­nem Bauch noch Platz?“ Mit die­sen Bil­dern kön­nen schon Zwei­jäh­ri­ge etwas anfan­gen und eine Rück­mel­dung geben.
Die­ses Gespür für den eige­nen Kör­per, den eige­nen Appe­tit, das eige­ne Sät­ti­gungs­ge­fühl — das sind sehr gute Vor­aus­set­zun­gen, die wir unse­rem Kind mit­ge­ben kön­nen, um ein gutes Ver­hält­nis zum The­ma Essen zu ent­wi­ckeln. Und das trägt sich hof­fent­lich durch die Puber­tät und bis ins Erwach­se­nen­al­ter hinein.
Wei­te­re span­nen­de Gedan­ken kann man sich dann noch um das »Wie« der Nah­rungs­auf­nah­me machen. Dazu habe ich hier bereits ein paar Ideen geteilt.

* Es ver­steht sich, dass dies für gesun­de Lebens­mit­tel gilt — bei Süßig­kei­ten, Fast Food und Co reicht die kind­li­che Selbst­be­herr­schung meist noch nicht  aus, um damit sel­ber einen ange­mes­se­nen Umgang zu pfle­gen. Bei uns Erwach­se­nen ja lei­der auch nicht immer 😉

3. »Hab ich Dir doch gleich gesagt!«

Ger­ne ein­ge­lei­tet mit »Siehs­te!« Lässt sich übri­gens in jeder Alters­grup­pe anwen­den — da gibt‘s kei­ne Beschrän­kung aufs Kinderalter 😉

Was ist unsere gute Absicht?

Dahin­ter steht mei­ner Beob­ach­tung nach die enge Anteil­nah­me am Gesche­hen und Erle­ben des Kin­des und der Wunsch, von der eige­nen Lebens­er­fah­rung etwas an die nächs­te Gene­ra­ti­on wei­ter­zu­ge­ben. Man möch­te, dass das Kind gute, ange­neh­me Erleb­nis­se hat und man ist viel­leicht ver­sucht, aus dem eige­nen Erfah­rungs­schatz schöp­fend, Ideen und Lösungs­an­sät­ze vor­zu­ge­ben, um dann etwas gekränkt zu sein, wenn die­se nicht ange­nom­men wer­den und das Kind lie­ber eige­ne Erfah­run­gen machen möchte.
Und auf der Bezie­hungs­ebe­ne schi­cken wir gleich­zei­tig mit, dass wir das Bewäl­ti­gen der Situa­ti­on oder Auf­ga­be dem Kind sowie­so nicht zuge­traut haben. Die Bot­schaft lau­tet hier: „Du kannst das noch nicht!“ Was soll das Kind also nun tun? Lie­ber kei­nen neu­en Ver­such wagen? Nichts aus­pro­bie­ren, was es noch nicht beherrscht? Natür­lich nicht! Das wäre ja das Ende von (Wei­ter-) Entwicklung.
Kin­der sind wah­re Meis­ter des Aus­pro­bie­rens. Auch wenn sie etwas noch nicht beherr­schen, bei etwas noch unsi­cher sind — sie wagen sich mutig nach vor­ne. Das eine Kind stürzt sich ins Aben­teu­er, das ande­re tas­tet sich lang­sam und mit Bedacht an die neue Erfah­rung her­an. Aber alle haben eines gemein­sam: Sie sind mutig und pro­bie­ren sich aus. Zum Aus­pro­bie­ren gehört es essen­zi­ell dazu, an Gren­zen zu sto­ßen. Bei Erwach­se­nen nennt man das „einen Feh­ler machen“ oder „schei­tern“. Denn auch wir ler­nen Neu­es dazu, pro­bie­ren uns in neu­en, beruf­li­chen Auf­ga­ben, in einer neu­en Sport­art, erler­nen ein unbe­kann­tes Hobby.

Wie können wir es anders versuchen?

Was alle Ler­ner und Erkun­der brau­chen, um frei und mit allen Sin­nen neue Erfah­run­gen zu machen, ist Zutrau­en! Wir ver­trau­en dar­auf, dass wir es schaf­fen kön­nen, die neue Sport­art zu erler­nen. Die­se Zuver­sicht moti­viert uns, auch Anstren­gun­gen zu über­win­den. Auch Kin­der gehen davon aus, dass sie es schaf­fen kön­nen, sich selbst aus der gro­ßen Fla­sche etwas zu trin­ken ein­zu­gie­ßen. Oder eine grö­ße­re Höhe zu erklet­tern. Manch­mal gelingt es gleich, manch­mal braucht es meh­re­re Ver­su­che. Klappt es nicht auf Anhieb, so las­sen sich Kin­der davon über­haupt nicht ent­mu­ti­gen. Sie selbst wür­den die­sen Zustand nie als „Schei­tern“ bezeich­nen oder so bewer­ten. Nach mei­ner Erfah­rung mel­det sich an der Stel­le der klei­ne For­scher im Kind, der fest­stellt: „So geht es also nicht. Ver­su­che ich einen ande­ren Weg!“.
Geben wir unse­ren Kin­dern also das Zutrau­en, was sie selbst in sich füh­len. Unter­stüt­zen wir neue Ideen und Her­an­ge­hens­wei­sen, so wer­den unse­re Kin­der sich um so schnel­ler kom­pe­tent in der Welt bewe­gen können.
Wenn ich mich zurück neh­me und erst­mal in Ruhe schaue, was mein Kind gera­de macht oder machen möch­te, bin ich oft über­rascht, wie gut es sich schon ein­schät­zen kann! So viel gelingt ihm schon allei­ne und an vie­len Stel­len kann es um Hil­fe bit­ten, wenn es selbst ein­schätzt, Unter­stüt­zung zu brau­chen. Das tun Kin­der aller­dings nur genau so lan­ge, wie sie nicht für das Erbit­ten um eine hel­fen­de Hand »bloß­ge­stellt« wer­den — etwa mit einem »Habe ich mir doch gedacht, dass Du das noch nicht kannst!« Wenn ich mich in die Lage mei­nes Kin­des hin­ein­ver­set­ze, kann ich das gut nach­voll­zie­hen. Ich selbst wür­de mich wohl ziem­lich ver­letzt füh­len, wenn ich mei­nen Mann um sei­ne Hil­fe bit­ten wür­de und ich statt eines ehr­lich gemein­ten »Ja, ger­ne!« ein »Das kannst Du ja auch noch nicht!« zur Ant­wort bekäme 😉

Viel­leicht gelingt es uns ja sogar, uns von unse­ren Kin­dern etwas mit­zu­neh­men — klappt etwas nicht beim ers­ten Mal, pro­bie­ren wir es auf einem ande­ren Weg. Und sind um eine Erfah­rung rei­cher. Die­sen Blick­win­kel fin­de ich per­sön­lich irre ent­span­nend — er nimmt mir den Druck, dass alles immer (und am liebs­ten natür­lich sofort) gelin­gen muss. Dar­in übe ich mich zumin­dest immer wie­der und habe zwei muti­ge Vor­bil­der zu Hau­se, denen ich sehr dank­bar bin!

Traut ihr euch und erzählt mir eure Sät­ze, die ihr euren Kin­der gegen­über nicht mehr sagen möchtet?

Ich freue mich von euch zu lesen!

    Eure Katja

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Sandy

Ooooh ja, da has­te total Recht! Ich beken­ne mich schul­dig in allen drei genann­ten Punk­ten ;o)
Du hast das schön geschrie­ben und die Anre­gun­gen zum »bes­ser machen« fin­de ich super! Dan­ke dir!